Monatsspruch März 2025

Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken.

3. Mose 19,33

Einige Jahre waren meine Frau und ich Gastgeber in Hannover für einen ungewöhnlichen Hauskreis: Wir haben bewusst Menschen eingeladen, die erst vor wenigen Jahren nach Deutschland gekommen sind, zusammen mit Menschen, die hier geboren wurden. Es war ein „bunter Hauskreis“. Jedes Mal gab es eine Vorstellungsrunde und einzelne erzählten von ihrem Lebensweg, von der Flucht aus dem Iran und aus Afghanistan.

Wenn ich an „Fremde“ denke, dann sehe ich diese Menschen vor mir, ich denke an Menschen mit einem Namen, wie Sherzad und Hesam oder Mayhar, ich denke an Menschen mit einer einzigartigen Geschichte, geprägt von Gefahren, Entbehrungen. Erfüllt von dem Wunsch, jetzt zu unserer Gesellschaft und Gemeinde dazu zu gehören. Für mich sind „Fremde“ keine anonyme Masse und keine Zahlenkolonne. Es sind Menschen mit Namen und Gesichtern. Wenn wir miteinander gebetet und gesungen haben, war das für mich oft sehr bewegend, denn hier wurde so inbrünstig und Hingabe gesungen. Dafür haben wir sogar ein deutsch-persisches Liederbuch verwendet, so dass wir in verschiedenen Sprachen Gott gelobt haben.

Warum ich das erzähle? Die Tonlage, mit der von „Fremden“ in den Wochen bis zur Bundestagswahl gesprochen wurde, war für mich schwer erträglich. Über Wochen wurde immer und immer wieder nur auf einer negativen Frequenz gesendet und damit Angst und Wut zusätzlich geschürt. Der Monatsspruch sendet auf einer ganz anderen Frequenz. Es wird die Mehrheitsgesellschaft, das eigene Volk, aufgefordert die Dazugekommenen fair zu behandeln. Es wird in Gottes Namen gefordert, Fremde nicht zu unterdrücken, ihnen also nicht zu drohen, sie nicht zu kriminalisieren, sie nicht zu benachteiligen.

Die alten Israeliten hatten selbst die Erfahrung gemacht, Fremde in Ägypten gewesen zu sein. Aus dieser Erfahrung ziehen sie die Konsequenz, Fremden gegenüber sozial zu handeln, ihnen auch einen Sabbat zu gönnen (so in den zehn Geboten nach 5.Mose 5,12-15) und zu lieben. Und die Fremdenliebe ist am Ende ganz praktisch: Sich Zeit zu nehmen, zuzuhören, den Namen kennen zu lernen, Hilfe anzubieten, das Leben miteinander zu teilen.

Oft haben die Asylsuchenden uns gesagt, dass sie bisher noch nie bei Deutschen privat eingeladen worden sind, z.B. zu einem Essen. Das hat mich jedes Mal erschrocken und es hat mir gespiegelt, wie gerne wir in bekannten Freundeskreisen bleiben. Jesus Christus hat sich in der Tradition der Fremdenfreundlichkeit verstanden, als er sagte: „Ich bin fremd gewesen und ihr habt mich beherbergt“ (Mt 25,35). Die Gemeinde Jesu war von Anfang an interkulturell und bunt. Da ist es möglich zu staunen über Christus im anderen. Üben wir als Gemeinde und als einzelne das heute schon ein!

Michael Rohde

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