Allezeit bereit!
Liebe Gemeinde,
das klingt ziemlich schief und gar nicht schön, wenn Orchestermusiker vor einem Konzert ihre Instrumente stimmen. Violinen und Celli quietschen durcheinander, die Flöten spucken kurze Töne aus, hier uns da hört man eine Tonleiter. Alle suchen den rechten Ton. Sie stimmen sich ein auf das schöne Konzert, das dann folgen soll.
Christen sind wie ein großes Orchester. Jeder spielt sein Instrument. Das Schönste wird noch kommen. Unser Herr wird wiederkommen. Dann geht das große Konzert los. Dann werden alle Tränen abgewischt und es gibt keine schiefen Töne mehr. Bis dahin quietscht es noch oft bei uns und manchmal ist es kaum auszuhalten. Wir sind noch nicht in der Herrlichkeit. Aber egal: Wir stimmen unsere Instrumente für die Ewigkeit!
„Wir warten dein, o Gottessohn!“ heißt es in einem alten Choral „wir lieben den Erscheinen!“ „Bald schon kann es sein, dass wir Gott als König sehn!“ heißt es in einem neueren Lied. „Freut euch, der Herr ist nah!“ – Glauben wir auch, was wir da singen? Und was macht das mit uns, wenn wir es glauben?
Wie lebt man als jemand, der mit dem Kommen des Königs und Richters dieser Welt rechnet? Wie zeigen wir unsere Vorfreude? Und wer unser Herr ist! Sitzen wir unsere Zeit ab wie in einem Wartezimmer? Stehen wir am Rand der Welt und haben ihr den Rücken zugekehrt? Machen wir einen drauf, suchen das Beste für uns und hoffen, dass wir rechtzeitig Bescheid bekommen, wenn Jesus dann wiederkommt?
Ich lese uns den heutigen Predigttext aus dem ersten Brief von Paulus an die Thessalonicher, Kapitel 5, 1-11
1 Über den genauen Zeitpunkt, Brüder und Schwestern, muss ich euch nichts schreiben, 2 denn ihr wißt ja: Der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht; keiner weiß, wann es sein wird. 3 Wenn man euch sagt: “Seid nur ruhig, es ist alles in Ordnung!”, gerade dann braut sich ein jähes Vernichtungsgericht zusammen. Es trifft euch ohne Vorwarnung wie die erste Wehe eine schwangere Frau. Keiner entkommt ihm. 4 Brüder und Schwestern! Sitzt nicht im Finstern herum, sonst überrascht euch der Tag des Herrn wie ein Dieb. 5 Ihr alle seid Kinder des Lichts und des Tages. Wir gehören nicht zu den finsteren Gesellen der Nacht. 6 Daher wollen wir uns nicht hinlegen und die Zeit verschlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern bleiben. 7 Denn wer nachts schläft, und wer nachts betrunken ist, beide gehören der Dunkelheit. 8 Wir aber gehören dem Tag. Darum wollen wir einen klaren Kopf behalten. Wir sind gut gerüstet: Unsere Panzer sind Glauben und Liebe, und unser Helm ist die Hoffnung auf das Heil. 9 Denn Gott will nicht, dass wir dem Zorngericht verfallen, sondern dass wir durch unseren Herrn Jesus Christus, gerettet werden, 10 der an unserer Stelle gestorben ist. Wenn wir gerettet werden, heißt das, dass wir mit dem Herrn zusammen leben, und dann ist es ganz gleich, ob wir wachen oder schlafen, denn dann ist die Zeit der Bewährung vorbei.
11 So sollt ihr einander ermahnen und im Glauben stärken, wie ihr es ja auch schon tut.
Bei den frühen Christen war es ein Kernstück ihres Glaubens, zu erwarten, dass Jesus wiederkommt. Sie haben sehr konkret mit ihm gerechnet und ihr Leben darauf eingestellt. „Wann kommt er denn?“ Das war eine brennende Frage. Immer wieder haben Christen sich diese Frage gestellt, bis heute. „Wann kommt er denn?“ Und immer gehört die zweite Frage dazu: „Wie lebt man denn in dieser Zeit bis er wiederkommt?“
„Über den genauen Zeitpunkt brauche ich euch nichts zu schreiben“ lesen die Thessalonicher in ihrem Brief von Paulus. Das wäre Spekulation. Das kann man nicht berechnen. „Ihr wisst ja, dass er kommen wird wie ein Dieb!“ Jesus selbst hatte es so gesagt: „Wenn ein Hausherr genau wüsste, wann der Dieb kommt, würde er den Einbruch verhindern. Deshalb seid jederzeit bereit, denn der Menschensohn wird kommen, wenn ihr es nicht erwartet!“ (Luk 12,39)
Es ist nur eine Frage der Zeit, wann wieder jemand das Ende der Welt errechnet. Hal Lindsey, Wim Malgo, Klaus Gerth, die Neuapostolische Kirche und andere haben es im letzten Jahrhundert vorgemacht. Und ihre Bücher haben sich auch unter uns Baptisten gut verkauft. Aber der Herr kam nicht. Trotz der scheinbar biblisch fundierten Berechnungen. Wenn also wieder neue Jahreszahlen errechnet werden, dann dürfen wir uns an die Worte von Jesus und Paulus hier erinnern.
Nicht einmal Jesus selbst wusste wann er wiederkommt. „Den Tag oder die Stunde, wann das geschehen soll, kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern allein der Vater im Himmel!“ hat er seinen Jüngern gesagt (Matth 24, 36).
Die Frage, wann er kommt, ist gar nicht so wichtig. Wichtig ist, wie wir bis dahin leben, wie er uns dann vorfindet. Ob wir unsere Instrumente für die Ewigkeit gestimmt haben. Was wir für eine Haltung zu dieser Welt haben. Ob wir durch unser Leben der Welt Geschmack auf den Himmel gegeben haben.
Bei seinem ersten Kommen waren die Frommen nicht vorbereitet. Gottes Sohn kam ihnen ungelegen. Er passte nicht in das Leben, das sie sich aufgebaut hatten. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um ihn zu erkennen. Keiner hatte ihn auf seiner Rechnung. Sie waren überrascht, obwohl sie über Generationen um das Kommen des Messias gebetet hatten. Wie wird es bei seinem zweiten Kommen am Ende der Zeiten sein? Jesus sagt: Er wird kommen, wenn keiner mit ihm rechnet. Paulus schreibt: „wenn sie sagen, sei nur ruhig, es ist alles in Ordnung, dann wird er wiederkommen.“
Das klingt noch nicht schön, wenn Musiker ihre Instrumente stimmen, aber es die Vorbereitung auf etwas ganz Großes. Paulus gebraucht ein anderes Bild: „Es wird uns treffen wie die erste Wehe eine Frau!“ Sie hat damit gerechnet! Jetzt tut es weh. Das ist kaum auszuhalten. Aber da kommt etwas Wunderbares auf die Welt!
Wie lebt man, bis alle sehen werden, wer unser Herr ist? Man versucht schon, die Melodie zu spielen, die im Himmel gespielt wird. Man holt sich die Töne für das eigene Leben von Gott. Er soll mein Dirigent sein. Was er vorgibt, das ist mein Kammerton. Er soll mich stimmen, dass ich jetzt schon seine Melodie spielen kann. Man lässt sich mit seiner Liebe und Gnade beschenken. Das ist das allererste! Und man gibt diese helfende, rettende, barmherzige Liebe weiter. Man hat ein Herz für die Menschen dieser Welt. Das ist das Zweite.
„Ich bin das Licht der Welt“ hat Jesus gesagt. „Wer mir nachfolgt, der wird sich nicht in der Finsternis bewegen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12) Aber er hat auch gesagt: „Ihr seid das Licht der Welt. So lasst euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
(Mat 5, 14+16)
Der Brief von Paulus steckt voller Anspielungen auf die Reden von Jesus: „Brüder und Schwestern! Sitzt nicht im Finstern herum!“ schreibt er. „Ihr alle seid Kinder des Lichts und des Tages. Daher wollen wir uns nicht hinlegen und die Zeit verschlafen wie die übrigen, sondern wach sein und nüchtern bleiben. Denn wer nachts schläft, und wer nachts betrunken ist, beide gehören der Dunkelheit. Wir aber gehören dem Tag….“
Wach sein bedeutet Licht sein. Sich selber, diese Welt, Menschen, das, was dieses Leben zu bieten hat, mit Gottes Augen zu sehen. Jesus treu zu sein, in allem. Ihn zu lieben und ihn zu ehren mit dem eigenen Leben.
„Wachsam und nüchtern“ zu sein, bis der Herr wiederkommt. Auch diese Formulierungen gehen auf Jesus zurück und haben sich bei den frühen Christen durchgesetzt. Petrus greift sie auch auf. Dass wir treu beten, nicht aufhören zu beten, die Liebe, der Dienst untereinander gehört für ihn dazu. Petrus schreibt:
„Seid wachsam und nüchtern, werdet nicht müde zu beten. Vor allen Dingen aber habt untereinander eine inbrünstige Liebe; denn die Liebe deckt auch der Sünden Menge. Seid gastfrei untereinander ohne Murren. Und dient einander, jede und jeder mit der Gabe, die sie oder er empfangen hat, als die guten Haushalter der bunten Gnade Gottes“ (1. Ptr 4, 8-10).
Dietrich Bonhoeffer, der um seines Glaubens und Gehorsams willen im Gefängnis war, er hat an der Erwartung des Herrn festgehalten. Er schrieb seinen Freuden:
Uns bleibt nur der sehr schmale und manchmal kaum noch zu findende Weg, jeden Tag zu nehmen als wäre er der letzte, und doch in Glauben und Verantwortung so zu leben, als gäbe es noch eine große Zukunft. … Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“
Wenn viele Menschen zum Glauben kommen, nennt man das Erweckung. Im 19. Jhdt kamen auch in Deutschland viele Menschen zum Glauben. Man spricht von Erweckungspredigern und Erweckungszeiten. Missionswerke wurden gegründet. Und Diakoniewerke. Eine christliche Bäckerarbeit, eine große Handwerkermission. Es gab Hebräisch- und Griechischkurse für Handwerker, die ihre Bibel besser verstehen und in der Ursprache lesen lernen wollten. Die Zeltmission wurde gegründet. Traktatmissionen. Sicher nicht mehr zeitgemäß. Wir bräuchten andere Ideen.
Auch die Freikirchen sind sehr gewachsen, es gab viele Gemeindegründungen. Auf Bauernhöfen, in Tischlerwerkstätten, in Privathäusern oder kleinen Fabriken haben sie angefangen.
Man nennt Erweckung, weil die Christen die Aufgeweckten sind. Sie schlafen nicht mehr. Tausende haben gesehen, was der Glaube, was der Herr aus ihrem Leben gemacht hat! Und sie sind zum Glauben gekommen. Lasst uns für Erweckung beten. Damit wir nicht verschlafen oder von dieser Welt betrunken sind.
Die Christen sind die Aufgeweckten und die Ausgerüsteten. Wir brauchen Gottes Geist, um Jesus nachzufolgen, auch das Kreuz nicht zu scheuen. „Darum wollen wir einen klaren Kopf behalten.“ schreibt Paulus. Wir sind gut gerüstet: Unsere Panzer sind Glauben und Liebe, und unser Helm ist die Hoffnung auf das Heil.
Ihre Ausrüstung bekommen die Soldaten gestellt. Oder wem das Bild mit den Soldaten nicht gefällt: Ihre Ausrüstung bekommen die Feuerwehrleute gestellt. Den Helm, den feuerfesten Anzug, Stiefel, Handschuh, den Schlauch. Gott sorgt für das Wasser. Aber löschen sozusagen, löschen müssen wir.
Wir wissen nicht, wie viel Zeit jede und jede von uns noch hat. Aber wir haben genug Zeit, um Gott immer wieder zu bitten: „Gib uns deinen Geist. Mach Christus in uns stark. Steck uns an. Lass die Menschen in unserem Leben etwas sehen, wie wir dir vertrauen, wie wir lieben und was für eine Hoffnung wir haben.“
Das war ja nur eine Predigt. Paulus hat zunächst einmal auch nur einen Brief geschrieben. Aber er weiß, dass es damit nicht getan ist. Um auferweckt und ausgerüstet zu leben, brauchen wir einander. Darum schließt er diesen Absatz mit seinem Hinweis: „So sollt ihr einander ermahnen und im Glauben stärken, wie ihr es ja auch schon tut.“
Amen.
Mit Gewinn gelesen habe ich u.a. im Internet die Predigten von: Pastor Klaus-Peter Lehmann, 10.11.2002 in der St. Paulus-Kirche zu Heimfeld, Eta Reitz, 10.11.2002 in der evangelischen Kirchengemeinde Essen-Haarzopf, Wolfes Matthias 9.11.2014 www.predigten.evangelisch.de
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