Gelebte Einheit – Gebetswoche Evangelische Allianz

Ihr Lieben Schwestern und Brüder aus den verschiedenen Kirchen und Gemeinden in Kassel,

ich sage es gleich frei heraus, was ich erreichen will: Ich möchte uns zu mehr Gebet ermutigen. Besonders aber möchte ich uns ermutigen, unsere Einheit, die wir in Christus haben, auch zu leben und füreinander zu beten. Ich will uns dazu auffordern, weil ich glaube, dass Jesus es will, dass es ihm ein Anliegen ist. Und hier sind ja viele, die sagen, dass Jesus ihr Herr sei. Was ihm am Herzen liegt, muss uns doch dann wohl auch am Herzen liegen.

Dass wir eins sind war Jesus ein großes Gebetsanliegen. Und ich kann nicht sehen, dass Jesus es heute weniger will als damals. In seinen Abschiedsreden im Johannesevangelium finden wir ein Gebet unseres Herrn. Da betet er zu seinem Vater:

11 Ich bin nicht mehr in der Welt; sie aber sind in der Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, dass sie eins seien wie wir.
20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, 21 dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast
. (Joh 17, 11.20-21)

Wie Vater und Sohn eins sind, so sollen die eins sein, die ihn zum Vater haben und Jesus zum Herrn haben. Da geht kein Blatt dazwischen. Die gehören zusammen. Die kann man nicht trennen. Da kann man den einen nicht ohne den anderen haben. Daran, wie seine Nachfolger miteinander umgehen, wie sie zusammenstehen, sich unterstützen, sich annehmen, an ihrer Liebe untereinander soll die Welt erkennen, dass sie seine Jünger sind,  hat Jesus auch schon bei anderer Gelegenheit gesagt. (Joh 13, 35)

In seinem Gebet in Johannes 17 betont Jesus, dass seine Bitte um das Einssein seiner Jünger auch für die gelten soll, die nach ihnen, die später zum Glauben kommen. Also auch für uns. Jesus bittet um unsere Einheit! Er könnte heute Abend hier sein und beten: Vater mach sie eins! Unser Einssein soll ein Zeichen in dieser Welt sein, das dazu dient,  dass Menschen  dem, was wir verkündigen,  vertrauen  können. An uns sollen sie sehen, dass ein neues, liebevolles Miteinander möglich ist und unsere Worte nicht nur leer sind.

Wir haben einen Vater, wie können wir dann nicht eins sein? Brüder und Schwestern müssen sich nicht ständig lieb haben. Sie müssen sich nicht in allem verstehen und in die gleichen Überzeugungen haben. Aber man kann sich verlassen aufeinander! Jeder weiß, dass er mit dem anderen ganz tief zusammengehört. Und es ist keinem gleichgültig es ist niemandem egal, wie es seiner Schwester oder seinem Bruder geht!

„Vater, mach sie eins, dass die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast!“ Wie können wir da uneins sein, unsere Gemeinden vielleicht sogar als Konkurrenten sehen? Wie kann es uns dann egal sein, wie es einer anderen Gemeinde geht, was sie bewegt oder für Ziele oder für Nöte hat? Beten wir auch für die Evangelisation oder die Gottesdienste der Nachbargemeinden oder nur für die eigene? Der eine Vater kann doch keine zerrisse Familie haben! Der eine Herr will doch kein zerrissenes Reich haben! Jede Gemeinde ist ein Kinderzimmer im Haus Gottes. Jede Gemeinde ist ein Haus in Gottes Reihenhaus.

Der  Epheserbrief  war ein Rundschreiben an Gemeinden in der heutigen Türkei.  In keinem anderen Brief im Neuen Testament wird die Einheit der Christen so betont, wie in diesem Brief, der an mehrere Gemeinden gerichtet ist. Paulus schreibt am Anfang von Kapitel 4:

1 So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe. 3 Und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.

Unsere Einheit als Christen ist ein Geschenk. Eine Vorgabe. Wir brauchen sie nicht erschaffen. Kinder von gleichen Eltern müssen sich nicht vornehmen, Schwester und Bruder zu sein. Sie sind es. Sie finden sich darin vor. Unsere Einheit als Christen ist nicht darin begründet, dass alle das gleiche Bibelverständnis haben, dass alle das gleiche unter Taufe, Abendmahl, Gemeinde oder Gottesdienst verstehen. Wir schaffen diese Einheit nicht und können sie auch nicht aufkündigen. Wer durch Jesus den einen Vater hat gehört, kann sich nicht herausnehmen und sagen: „Der denkt ja anders! Zu dem gehöre ich nicht!“

Wer glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist, für uns gestorben, auferweckt, der wiederkommenden Herr. Wer dadurch Gott als seinen Vater hat. Wer Gott vertraut und nach der Herrschaft Jesu sucht, der ist meine Schwester und mein Bruder. Besonders wenn wir beten spüren wir, dass wir eins sind, einen Herrn haben, die gleiche Hoffnung und die gleiche Sehnsucht. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland sagte in einer Predigt:

Gottes Geist wirkt in uns, dass Christus unter uns ist, wo wir in seinem Namen versammelt sind. Die Kraft, die von ihm ausgeht, ist stärker als das, was zwischen uns steht, vielfach ja aus ehrlicher Überzeugung zwischen uns steht. (…) Wenn wir beten, hören wir. Wenn wir beten, erneuern wir uns. Wenn wir beten, spüren wir die Kraft Gottes. Wenn wir beten, tritt die rechte Lehre in den Hintergrund. Die Lehre wird nicht belanglos, denn wir können ja auch in die Irre beten. Aber sie tritt in den Hintergrund. (…) Das Gebet ist immer ein Sich-Öffnen für die Stimme Gottes. (www.ekd.de Predigt vom 23.1.2018 im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen)

„Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. Ein Gott und ein Vater!“ Was uns Christen zusammenbindet, das ist wie ein Mutterboden, auf dem wir alle wachsen. Wie ein Garten Gottes, in den Gott uns gepflanzt hat. Diese Einheit aber sollen wir nun auch leben. Das ist das Anliegen Jesu. Und das ist das Anliegen von Paulus. Paulus sagt: „Bewahrt die Einheit des Geistes!“ Sie ist schon da! Nun lebt sie auch. Füllt sie aus. Achtet sie. Pflegt und feiert eure Einheit in dem einen Herrn.

„Lebt würdig eurer Berufung indem ihr die Einheit des Geistes bewahrt.“ Wer die Einheit nicht lebt, sie leugnet, der lebt seiner Berufung nicht würdig. Nur das ist dem einen Vater und dem einen Herrn angemessen, dass wir uns verhalten als Schwestern und Brüder, die zusammenhalten, die sich unterstützen.

Fast alle kennen wohl den Witz. Da kommt einer in den Himmel und Petrus führt ihn durch viele Räume. Sie machen viele Türen auf. In jedem Raum wird Gottesdienst gefeiert, auf ganz unterschiedliche Weisen, überall fröhliche Christus lobende Menschen. Als Petrus und der Neue im Himmel dann an einem Raum vorbei kommen, sagt Petrus: „Psst. Hier musst du ganz leise sein. Hinter dieser Tür feiern die Baptisten Gottesdienst; aber sie denken, sie wären alleine im Himmel. Wir wollen sie nicht erschrecken!“ – Ich habe noch einen Witz. Einen traurigen Witz. Kommt einer in eine Stadt und sieht eine Kirche brennen. Ein Stück weiter sieht er eine andere Kirche und sie feiern gerade ein fröhliches Sommerfest. – Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es gewagt, das so zu sagen. Aber ich glaube, dass Jesus oft weint darüber, wie wir Christen miteinander umgehen. Wie gleichgültig sich Gemeinden sein können. Dass wir die Einheit im Geist nicht nur nicht pflegen, sondern überhaupt nicht mehr sehen.

Vor wenigen Wochen erzählte ich jemandem aus unserer Gemeindeleitung, was mich gerade so umtreibt. Es ging auch im die Evangelische Allianz und um die Ökumene am Wesertor und unseren Stadtteil. Und der Bruder aus der Gemeindeleitung sagte sann: „Norbert, du musst zuerst sehen, was unserer Gemeinde dient!“ Das war nur ein Moment in dem Gespräch. Der Bruder spricht nicht für alle. Aber vielleicht spricht er aus, wie wir praktisch und faktisch Gemeinde leben. Sich für die Einheit der Christen einzusetzen, sie zu suchen und zu leben, das ist gut, WENN es der eigenen Gemeinde dient.

Vater unser“, beten wir. Diesen Vater kann keiner für sich reservieren. Wer so betet, der wird verbunden mit anderen, die auch Vater zu ihm sagen. „Geheiligt werde dein Name, dein Wille geschehe, dein Reich komme.“ … wie im Himmel, so in unserer Gemeinde… Das ist nicht das Gebet, das Jesus uns gelehrt hat. Ich möchte uns auffordern, miteinander und füreinander zu beten. Nicht nur heute Abend. Ich möchte euch bitten, im Namen Jesu, nicht gleichgültig zu sein, wenn ihr von anderen Kirchen und Gemeinden oder christlichen Werken hört. Wir sind ein Leib.

Wir waren mit 15 Personen auf der MEHR-Konferenz in Augsburg. 12.000 Menschen waren dort. Viele Katholiken, Pfingstler, Brüdergemeinde, Mennoniten, Baptisten, Landeskirchler. Und es ist so wie Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland es 2018 in einer Predigt sagte: Wenn man zusammen betet, erlebt man, dass man eins ist. Ich habe von einem katholischen Priester in voller Montur in einer persönlichen Sache für mich beten lassen. Natürlich denken wir nicht in allem gleich. In einer anderen Situation hätten wir streiten können. Aber wir uns als Brüder verabschiedet.

Wir haben viele gute Gemeinden in der Stadt. Gott sei Dank. Ich wünschte mir, dass wir mit-einander und füreinander beten. Wenn eine Gemeinde Not hat oder wenn sie Erfolg hat, neue Gottesdienste oder Veranstaltungen versucht, um Menschen für Jesus zu gewinnen. Am Mittwoch, den 5. Februar, um 17.00 Uhr beginnt eine neue Gebetsreihe. Wir haben es das EINS-Gebet genannt. Die Initiative geht von der Evangelischen Allianz aus. Aber es solle ein ökumenisches Gebet werden wo Christen alles Kirchen willkommen sind. Jeden ersten Mittwoch im Monat um 17.00 Uhr hier im Friedenshof. Im Moment gehen wir davon aus, dass der kleine Saal unten ausreicht. Vielleicht kommen ja aber so viele, dass wir uns dann auch einmal hier oben treffen.

Jesus betet auch für uns: (Joh 17, 20-21)
Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.“

Amen.

Zurück