Gottes Gnade für alle Menschen!
Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. 12 Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, 13 während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. 14 Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse und für sich ein auserlesenes Volk schaffe, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun. (Einheitsübersetzung)
Liebe Weihnachtsgemeinde,
- Gottes Gnade ist erschienen
Seit Weihnachten wissen wir, dass Gott gnädig ist. Weihnachten hat es angefangen. Auch im Alten Bund war Gott gnädig. Er hat Menschen vergeben, hat sich ihrer erbarmt, hat ihnen neue Anfänge geschenkt. Die Psalmen sind ein großes Zeugnis, wie Menschen auch im Alten Bund gebetet haben, sich ihm anvertraut haben, unter Schuld gelitten haben und wie Gott ihnen gnädig war. Seit Weihnachten aber wissen wir, das Gott allen Menschen gnädig sein will. Nicht nur einzelnen. Nicht nur Juden. Nicht nur Menschen, die sein Gesetz und seine Gebote kennen. Auch an Timotheus schreibt Paulus: „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Einer ist Gott und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen: der Mensch Jesus Christus.“ (1. Tim 2, 4-5)
Dass Gott gnädig ist, das ist keine Allerweltsweisheit! Das versteht sich nicht von selbst. Gott könnte auch zornig sein, unbarmherzig. Gott könnte ungerecht und unzuverlässig sein. Gott könnte lügen. Wir hätten nichts in der Hand gegen ihn! Wir könnten nichts dagegen tun. Wir Menschen entscheiden ja nicht, wie Gott ist! Er wäre ein von Menschen gemachter Götze, wenn wir uns aussuchen könnten, wie er ist. Gott könnte ganz anders sein. Aber der lebendige Gott ist gnädig! Das hat er Weihnachten angefangen zu zeigen. Die Krippe ist aus dem gleichen Holz wie das Kreuz. Gott zeigt sich niedrig, verletzlich, kommt zu den Menschen in ihrer Armut und Schwäche. Gott geht einen schweren Weg mit uns, um uns zu gewinnen. Gott zeigt sich opferbereit. Er lässt sich uns alles kosten. Das ist sein Weihnachtsgeschenk.
- Gottes Gnade ist erschienen.
Was ist eine Erscheinung? Bei einer Erscheinung sieht man etwas, was vorher schon da war, es war aber verborgen. Zwei ganz einfache Beispiele: (1) Ich fahre bei dichtem Nebel auf einer Landstraße. Ich sehe nur wenige Meter weit. Ich habe mich verfahren. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich krieche um die Kurven. Angst steigt in mir auf. Und plötzlich erscheint mitten im Nebel ein Wegweiser. Jetzt weiß ich wieder, wo ich lang muss. Der Wegweiser war schon immer da, aber man konnte ihn nicht sehen.
(2) Oder ich fahre Kanu auf einem reißenden Fluss. Vor mir ein Wehr, ein Wasserfall. Ich ahne: Das geht nicht gut! Ich komme gegen die Strömung nicht an. Ich sehe mich schon kopfüber den Wasserfall herunterpurzeln. Da erscheint plötzlich ein kleiner Nebenarm des Flusses vor dem Wehr. Ein Notausgang, den ich leicht erreichen kann. Der Seitenarm war schon immer da, aber jetzt konnte ich ihn sehen.
Bei einer Erscheinung wird sichtbar, was vorher verborgen war. Gott macht sich Weihnachten sichtbar. Und er zeigt, dass er uns retten will. Wir müssen ihm nur noch als unsrem Gott vertrauen. Wir müssen nur noch dem Wegweiser folgen oder in den Seitenarm hineinpaddeln. Dann sind wir gerettet.
Dass es einen Gott gibt, dass dieses Leben nicht alles ist, dass es mehr gibt, als wir wahrnehmen können, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Das alles haben Menschen geahnt, zu allen Zeiten, überall auf der Erde, in allen Kulturen. Die Frage nach Gott hat niemand den Menschen eingeredet! Sie gehört zu unserem Menschsein. Wir sind so geschaffen, dass wir nach Gott fragen. Die Antwort aber, die können wir uns nicht selber geben. Gott hat uns in Jesus die Antwort gegeben, wer er ist. Das fängt Weihnachten an.
Wir sind wie Fische in einem Aquarium, die die Sterne sehen. Wir wollen die Sterne erforschen. Wie weit sind sie weg? Sind Sterne kalt oder heiß? Gibt es da Wasser? Fragen über Fragen. Aber wir kommen nicht heraus aus unserem Aquarium. Gott ist nicht ein Teil unserer Welt. Wir können ihn nicht erforschen. Aber er hat sich gezeigt! Zugegeben, das Bild ist recht fremd, aber ich sage mal: Er hat sich gezeigt wie ein Stern, der in ein Aquarium kommt.
Ein Licht aus einer anderen Welt.
Man kann noch nicht alles sehen in diesem Kind in der Krippe. Das Kind ist nur die Knospe an einem alten Baum. Aber Weihnachten hat es angefangen. Die ersten Leser des Titusbriefes haben bei dem Wort „erscheinen“ an eine Person gedacht. Engel sind erschienen. Götter sind erschienen in den heidnischen Mythen. Kaiser, Könige, Herrscher sind „erschienen“. Es war klar: Hier ist von einer Person die Rede. Gottes Gnade ist in Jesus Christus erschienen.
- Gottes Gnade ist erschienen, alle Menschen zu retten.
Noch einmal: Gott will, dass alle Menschen gerettet werden! Weihnachten ist ein Fest für alle. Ein absolut offenes Fest. Nur wir Menschen können das verhindern. Entweder, indem wir diese Kind zu „unserem“ Kind machen. Wir holen es in unsere Familien und Gemeinden. Das reicht uns! Wir privatisieren den Herrn der Welt.
Und Menschen können ihn ablehnen. Sie können nein sagen. Niemand muss an Jesus glauben und Gott vertrauen. Es ist Gottes Liebe, dass er uns nicht zwingt. Vertrauen kann man nicht erzwingen. Diese Freiheit, die wir haben, verhindert es, dass alle gerettet werden. In Gottes Reich gibt es nur Freiwillige!
Bei seiner Geburt wird keiner gefragt, ob er geboren werden will. „Willst du dieses Leben? Selber atmen? Laufen lernen? Raus aus deiner Mutter Leib?“ Bei der Wiedergeburt werden wir gefragt. Willst du ein neues Leben? Willst du Gottes Gnade annehmen? Willst du in deinem Leben mit Gott laufen lernen?
Weihnachten geht alle Menschen an. Die ersten, die kamen, um das Kind anzubeten waren Heiden. Sterndeuter, Astrologen aus dem fernen Osten. Angehörige einer fremden Kultur, einer fremden Religion. Diese von Luther so genannten Weisen wussten nichts von Gottes Bund mit Israel. Sie hatten keine Ahnung von seinen Geboten. Sie haben auch nicht zu dem Gott Israels gebetet. Und Gott hat ihnen doch den Weg zu diesem Kind gezeigt und sie sind auf die Knie gefallen und haben ihn angebetet. Dieses Kind geht jeden an! Aber niemand wird gezwungen!
Sehr schön ist das lateinische Wort für „alle“: Omnibus. Das ist der Dativ von omnis. Wer mit Gott unterwegs ist, der fährt nicht im Zweisitzer: Nur er und Jesus. Wer mit Gott unterwegs ist, fährt in keiner Familienkutsche mit 4-9 Sitzen. Wer mit Gott unterwegs ist, der sitzt nicht nur mit Gleichgesinnten zusammen wie in einem Verein. Gott stellt mit Jesus einen Omnibus zur Verfügung, einen unfassbar großen Omnibus. „Für alle“ heißt das übersetzt. „Freie Fahrt für alle!“ „Für alle“, das ist Weihnachten. Das Für-alle-Fest. „Für alle“, das auch ein Auftrag an uns.
Weihnachten fängt es an. Aber damit auch passiert, was Gott will, dazu braucht es bekennende, offene, missionarische Menschen und Gemeinden. Gott möchte alle Menschen erreichen.
- Gottes Gnade ist erschienen, um uns zu erziehen!
11 Gottes Gnade ist erschienen, um alle Menschen zu retten. 12 Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben. (…) 14 Er hat sich für uns hingegeben, damit er uns von aller Ungerechtigkeit frei mache und für sich ein (…) Volk schaffe, das voll Eifer – das leidenschaftlich – danach strebt, das Gute zu tun.
Gottes Gnade ruft uns nicht irgendwo hin. Seine Gnade ruft uns in die Jüngerschaft. In die Nachfolge. Diese Welt ist gottlos. Das heißt nicht, dass alles in ihr schlecht ist. Viele Menschen tun Gutes. Kein Mensch ist nur schlecht. Aber insgesamt lebt diese Welt an Gott vorbei. Ohne Gott. Diese Welt prägt andere Werte als das, was zu Gott führt. Gottlosigkeit ist alles Denken, Tun oder auch Nichttun, das leugnet, dass Jesus der Herr ist. Leben, als gäbe es Gott nicht, das ist Gottlosigkeit.
Die Gnade, die erschienen ist, will etwas mit uns. Sie will, dass Gott der Herr ist in unserem Leben. Sie will uns erziehen, dass wir die Gottlosigkeit und die irdischen Begierden loslassen. Das geht nicht von heute auf Morgen. Das ist ein Prozess. Martin Luther hat es so formuliert.
„Das christliche Leben ist nicht Frommsein, sondern Frommwerden; nicht Gesundsein, sondern Gesundwerden; nicht Sein, sondern Werden, nicht Ruhe, sondern Übung.“
Wir sind nicht gleich in den Himmel gerettet, sondern in eine Schule. In eine Lerngemeinschaft, miteinander, durch den Heiligen Geist. Die ersten Christen haben sich als Selbstbezeichnung gegeben „die auf dem Weg“! Nicht, „die schon am Ziel sind“! (Siehe Apg 9,29 Apg 19,9; 19,23; 22,4; 24,14; 18,25 – jeweils Urtext! Die deutschen Übersetzungen geben das leider selten wörtlich wieder! Vgl. auch Apg 18,26 und 16,17. )
Wenn wir sagen „Ich bin Christ”, dann hat das etwas Statisches. Die einen sagen: Ich bin Christ durch meine Taufe. Andere: Ich bin Christ durch meine Bekehrung. Aber dann scheint nichts mehr passieren zu müssen. Die Bezeichnung Christ drückt keine Bewegung aus, keine Nachfolge, kein Weiterkommen. In der Apostelgeschichte finden wir die Bezeichnung fast 10 Mal: Christen sind “die des Weges sind” oder einfach “der Weg”. Der Verfolger Saulus wollte in Damaskus “die des Weges sind” suchen und gefangen nehmen (Apg 9). Von unserem Predigttext her könnte man als Selbstbezeichnung für uns ableiten: „Ich bin einer, der, oder eine, die Gottes Gnade erzieht!“ Wer das nicht sagen kann, der ist nicht mehr unterwegs.
Wie geht das? Wie kann man die Gottlosigkeit und die irdischen Begierden loslassen lernen. Drei Unterrichtsfächer nennt Paulus. Drei Grundhaltungen, die das neue freie Leben ausmachen: Dass wir besonnen, gerecht und fromm leben.
Besonnen leben, das ist für mich hier im Text das Größte und vielleicht das Schwierigste. Das Wort besonnen meint, gesund, ausgewogen, mit gesundem Maß leben. Gut Essen ist doch auch ein irdisches Begehren. Sich auch einmal etwas gönnen ebenso. Einen Menschen zu lieben und geliebt zu werden ist ein ganz natürlicher Wunsch in unsrem leben. Zärtlich sein. Sexualität. Sport machen. Vielleicht auch mal zu vereisen. Wer in dem allen immer das rechte Maß findet, der lebt besonnen. Ein König, finde ich, ein König wer das kann. Fernsehen, mit dem Handy spielen, in einem gesunden, ausgewogenen Maß.
Gott zu dienen ist auch gut. Ihm ganz viel zu dienen ist noch besser. Einsame, kranke Menschen zu besuchen ist etwas Gutes. Wie gut, dass wir Menschen haben, die an scheinbar alles in der Gemeinde denken. Aber auch da gibt es ein gesundes ausgewogenes Maß, das Gebet nicht zu vergessen, Zeit mit Gott zu haben auf sich selbst achten. Seine eigenen geistlichen Wurzen nicht verkümmern zu lassen.
Streiten ist auch etwas Gutes. Seine Meinung sagen. Ja und Nein sagen können. Vielleicht auch sich durchzusetzen. Ziele zu verfolgen. Sich nicht einfach alles gefallen zu lassen. Strittige Fragen oder auch eigene Verletzungen ansprechen. Ich halte das alles für gut, für nötig und gesund. Aber ein König ist der oder die, die in alledem ein gesundes Maß findet. Der oder die auch die anderen achten und nicht aus der Liebe fallen, sich auch zurück nehmen kann.
Wer besonnen ist, der geht mit den Dingen dieser Welt, mit sich selbst und anderen Menschen gut und angemessen um. Wenn ich aber unbesonnen umgehe mit seiner Zeit, Hab und Gut, mit seiner Lust und seinem Frust, dann brauche ich Nachhilfe in der Gnade, die Weihnachten erschienen ist.
Gerecht ist das Zweite. Ein gerechter Lebensstil. Damit ist gemeint, zu teilen. Sich für das Leben, Interessen und Bedürfnisse anderer einzusetzen. Anderen Menschen zu ihrem Recht verhelfen. „Gott will sich ein Volk schaffen, das voll Eifer danach sucht, Gutes zu tun.“ schreibt Paulus hier in V14.
Und fromm sollen wir werden durch die Gnade. Gottesfürchtig. Unsere Ehrfurcht vor Gott soll unsere innere Grundhaltung sein für unser Denken und dafür wie wir leben. Wahre Gottesfurcht ist immer ein Geschenk von Jesus. Gottes Geist wirkt sie in uns. Dennoch soll der Mensch sie erringen. Paulus schreibt Timotheus, dass wir sie einüben sollen, dass wir ihr nachjagen sollen (1. Tim. 4,7; 1. Tim. 6,11).
Paulus erzählt keine Weihnachtsgeschichte. Er schreibt ja auch kein Evangelium, lein Bericht vom Leben Jesu. Pauls schreibt, was zwischen Gott und uns Weihnachten passiert ist und was Gottes Wille ist, den er Weihnachten begonnen hat zu zeigen.
Die Gnade Gottes ist erschienen.
Sie will alle Menschen retten.
Und sie will alle Menschen Gottes erziehen,
dass sie besonnen, gerecht und fromm leben.
Die kleine Gruppe der Sterndeuter aus dem fernen Osten bringen Jesus drei Geschenke mit: Gold, Myrre und Weihrauch. Das könnten unsere Geschenke sein, die wir Jesus bringen, wenn wir vor ihm auf die Knie gehen, ihn anbeten und ihn bitten: Lehre mich besonnen, gerecht und fromm zu leben.
Amen
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