Hoffnung Angesichts von Trauer

Jüngling zu Nain – Hoffnung angesichts von Trauer

Herzlich willkommen zu unserer Morgenandacht.

Ich möchte sie heute auffordern, die Seiten zu wechseln. Von Trauer und Trübsinn hin zur Freude und zur Freiheit. Von Resignation hin zur Hoffnung.

In Israel gibt es einen Ort namens Nain. Mit ai. Im Norden von Israel. Heute hat der kleine Ort knapp 2000 Einwohner. Nain ist berühmt, geadelt, etwas ganz Besonderes, weil Jesus einmal dort war. (Lukas 7 kann man das nachlesen).

Jesus war im Norden Israels unterwegs  und er hatte schon viele Nachfolger. Da waren nicht allein der engere Zwölferkreis bei ihm, sondern viele andere Frauen  und Männer, die ihm glaubten und im nachfolgen wollten. Das war, wenn man so will, ein richtiger Demonstrationszug der Hoffnung, des Heils, der Freiheit und der Freude.

Jesus und seine Nachfolger waren noch gar nicht in Nain, da kam ihnen am Stadttor ein Trauerzug entgegen. Auch viele Menschen. Aber da wurde geweint, geklagt, laut gejammert und das mit gutem Grund: Ein junger Mann war gestorben.  Jetzt wurde er in Leichentücher gewickelt  vor der Menge her getragen. Und er war das einzige Kind einer Witwe!

Stumm. Kreideweis, ohne die Kraft noch laut zu weinen, denke ich mir, ging die Mutter neben dem Sarg. Ihre Hoffnung war gestorben. Ihr ein und alles hatte sie verloren. Nun auch noch verloren: Sie hatte doch schon um ihren Mann getrauert. Den Mann zu verlieren und jetzt auch noch den Sohn zu verlieren, das ist tiefster Schmerz. Niemand wird sie ersetzten können. Nichts wird ihre Wunden heilen. Dazu kommt noch ihre finanzielle Not. Eine Frau konnte nicht arbeiten gehen, nichts von Wert besitzen, nichts erben.

So wie Jesus für das Leben steht und alle, die ihm folgen für das Leben stehen, so steht diese Frau für den Tod. Zwei Richtungen im Leben,  zwei Demonstrationszüge begegnen sich. Der eine geführt von dem Mann der sagt „Ich bin das Leben!“, der andere geführt von einer Frau, die lebendig um ihr Leben trauert.

Wie geht es weiter? Die Frau schweigt. Sie sagt nichts. Sie bleibt passiv. Sie hat ihrem Elend nichts entgegen zu setzen. Der Trauerzug hält nicht an, auch nicht als er Jesus begegnet. Jesus sieht die Frau. Er sieht die Witwe, die Mutter, ihre Leere und Verzweiflung. Der lebendige Gott ist der Gott, der sieht. Jesus sieht sie nicht nur äußerlich, im Vorbeigehen. Er sieht ihre Situation. Ihr Elend. Die totale Finsternis in ihr.

Jesus sieht sie mit seinem  Herzen  an. Und er spricht sie an. „Weine nicht“ sagt er. Alle Initiative geht von Jesus aus. Die Frau reagiert nicht. Sie ist wie taub, wie blind, wie ein dunkler Raum, in den kein Licht mehr kommt. Sie ist selbst wie tot.

„Weine nicht!“ Mehr sagt Jesus nicht. Niemand wird sich getraut haben, das zu ihr zu sagen. „Weine nicht!“ Wie kann man das sagen, angesichts ihrer Situation? Nur Jesus kann das sagen, weil er Licht in die tiefste Finsternis bringen kann. Indem er diese Frau sieht, so wie er Menschen ansieht, und indem er sie anspricht, ist sie nicht mehr allein. Mit Jesus ist  Gott selbst in ihr Dunkel getreten. Als wäre Gott ganz nahe und zugleich noch ganz weit weg. Als hätte Gott sie schon umarmt, aber sie kann es noch nicht erwidern. Er ist ganz nahe und sie fühlt sich noch so fern von ihm.

„Weine nicht!“ sagt Jesus und er berührt ihren toten Sohn. „Ich befehle dir: Steh auf!“ sagt Jesus. Der Junge richtet sich auf, fängt an zu sprechen und Jesus gibt ihn der Mutter zurück.

Gibt es den Ort Nain nur in Israel? Ich sage mal: Nain – mit ai – gibt es auch hier, in Nordhessen, an jedem Ort, an dem Menschen leben. Nain als ein Ort, in dem es einen Trauerzug gibt, weil Menschen allen Grund haben, zu trauern. Nain als ein Ort, an dem gelitten wird, wo es dunkel ist. Und Nain als ein Ort, in den Jesus einkehrt.

Ich vereinfache es einmal sehr: An jedem Ort, an jedem Tag gibt es zwei Menschenzüge, zwei Demonstrationen. Den einen führt die Trauer an, Resignation, der Blick auf den Boden. Da findet man keine Worte der Hoffnung mehr. Der andere Zug ist die Demonstration der Hoffnung,  der Freude, des Vertrauens auf Gott.

Und wir stehen jeden Morgen am Stadttor zu Nain. Beide Züge gehen vorbei und vielleicht haben wir Gründe, uns dem  Trauerzug anzuschließen, weil unser Leben nicht schön ist. Weil wir Menschen, Hoffnungen, Erwartungen im Leben betrauern, die wir verloren haben oder die wir für tot erklärt haben. Man kann sein eigenes Leben zu Tode tragen oder zum Leben.

Ich möchte sie heute Morgen auffordern, die Seiten zu wechseln. Ja, es gibt Gründe, traurig zu sein. Aber es gibt keinen Grund, mutlos zu sein. Jesus kommt in unseren Tag. Er berührt das, was wir betrauern, was tot ist in unserem Leben. Und siehe da: Es erhebt sich. Es fängt wieder an zu sprechen. Lass heute, lass jetzt gleich  Jesus  berühren, was dein Leben traurig macht, was du vor dir her trägst, und dann schließe dich dem Zug der Freude und der Hoffnung an.

Wir haben einen Gott, der uns sieht und der uns anspricht und uns zu neuem Leben verhilft. Heute.

Amen.

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