Matthäus 11, 2-6 Bist du es, der kommen sollte?

17.12.2023

Lesung vorweg:

2 Der Täufer Johannes hatte im Gefängnis von den Taten gehört, die Jesus als den versprochenen Retter auswiesen; darum schickte er einige seiner Jünger zu ihm. 3 »Bist du wirklich der, der kommen soll«, ließ er fragen, »oder müssen wir auf einen anderen warten?« 4 Jesus antwortete ihnen: »Geht zu Johannes und berichtet ihm, was ihr hört und seht: 5 Blinde sehen, Gelähmte gehen, Aussätzige werden gesund, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird die Gute Nachricht verkündet. 6 Freuen darf sich, wer nicht an mir irrewird!«

Liebe Gemeinde,

auch Menschen, die einen festen Glauben haben, können ins Zweifeln kommen. Mindestens ins Fragen. Christen, die wissen, dass Jesus auferstanden ist, die mit ihm leben, die ihm vertrauen. Christen, die schon vieles mit Jesus erlebt haben, und dann die Welt sehen, mit Ihrem zum Himmel schreienden Unrecht, Kriegen, ihren Leiden, oder wenn sie selbst etwas erleben, was sie in ihren Glauben nicht einordnen können. Vielleicht beten sie und es passiert nichts. Da kann man schon mal ins Fragen kommen.

Johannes war in einer ähnlichen Situation. Er ist ins Fragen gekommen. Johannes war ein Wartender. Er wartete auf den Messias. Er hat sein ganzes Leben darauf eingestellt, dass der Messias bald kommen würde. Er lebte in der Wüste, hat auf allen Luxus und Eigentum verzichtet.  Er war ein scharfer Prediger. Der Messias würde bald kommen, alle sollten umkehren. „Die Axt ist schon an den Baum gelegt.“ Sagte Johannes. „Der da kommt, er wird das Volk und die Völker richten.

Auch mit König Herodes und seiner Geliebten hatte sich Johannes angelegt. Herodes hatte seinen Bruder umbringen lassen. Alle ahnten oder wussten es. Niemand sprach es aus. Bis Johannes öffentlich den König anklagte und ihn zur Umkehr aufrief. Darum saß er nun im Gefängnis.

Johannes der Täufer nannten sie ihn, weil er viele Menschen im Jordan taufte.  Die Taufe war das Zeichen ihrer Umkehr und Reinwaschung. Wer Johannes‘ Predigt glaubte, der ließ sich taufen.

Johannes war verwandt mit Jesus. Er war sein Vetter, sein Cousin. Auch Jesus war zum ihm gekommen und hatte sich taufen lassen. Da war der Himmel offen. Jesus würde der Messias sein! Das glaubte auch Johannes! Auch Jesus hat dann Umkehr gepredigt. Die Menschen sollten sich abwenden von allem Gottlosen in ihrem Leben.  Alle sollten sich bekehren, Gott wieder in die Mitte ihres Lebens stellen. Alles sah so aus, als würde Jesus  erfüllen, was Johannes gepredigt hatte.

Aber nichts war davon zu sehen! Das Gericht blieb aus. Nicht nur das. Jesus wendete sich Menschen zu, von denen Johannes dachte, dass genau solche Leute gerichtet würden. Mit Zöllnern und Sündern, mit Aussätzigen und Prostituierten setzt Jesus sich zu Tisch. Redet mit ihnen, isst mit ihnen.

Den Gerechten aber predigt er von einem Balken in ihrem Auge, der ihnen den Blick für den Nächsten verstellt.  Man solle seinen Feinden vergeben, segnen, die uns Böses tun. Jesus legt sich mit denen an, die sich für gerecht halten, mit den Schriftgelehrten, die sich über andere erheben. an. Er fordert Liebe und Barmherzigkeit von ihnen. Da mag etwas dran sein, Jesus hat Recht in dem, was er sagt. Aber machtvoll ist da gar nichts.

Es passiert nichts. Die Römer sind weiter an der Macht. Immer noch regiert Unrecht. Leid prägt das Leben so vieler Menschen. Johannes, der Prophet, der Täufer, der große Bußprediger, er sitzt jetzt im Gefängnis, er muss mit seiner baldigen Hinrichtung rechnen. Wo ist da Reich Gottes? Gottes neue Herrschaft?

Johannes schickt seine Jünger zu Jesus. Er muss es wissen! „Bist du wirklich der, der kommen soll, »oder müssen wir auf einen anderen warten? Oder kommt da noch jemand, der endlich reinen Tisch macht, der alles Elend, Leid und Unrecht endlich aus der Welt räumt?“

Für Johannes ist das keine Nebensache. Er hätte sein ganzes Leben für eine   Täuschung   gegeben. Er war sich doch so sicher, dass der Messias jetzt kommen würde. „Bist du wirklich der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“ Auch wer glaubt, kann ins Fragen kommen, und Jesus lässt die Frage zu. Wir dürfen Jesus sagen, was wir nicht verstehen, wo wir uns sein Handeln so anders wünschten.

Wie antwortet Jesus Johannes, dem Täufer? Jesus sagt nicht: „Ich bin es. Ich bin der Messias. Geht, sagt es und tröstet den Täufer!“ Selbst seinen Jüngern hat sich Jesus damals noch nicht als der Messias zu erkennen gegeben. Jesus sagt, was er tut, was die Menschen an ihm sehen. Das soll reichen. „Geht zu Johannes und berichtet ihm, was ihr hört und seht: Blinde sehen, Gelähmte gehen, Aussätzige werden gesund, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird die Gute Nachricht verkündet.

Jesus sagt nicht „ich bin es!“ aber was er sagt, deutet darauf hin, wer er ist. Sicher kannte Johannes die Prophezeiung von Jesaja. 700 Jahre früher war es gewesen, da hat Jesaja dem Volk Israel vorhergesagt,  was geschehen wird,  wenn Gott Gericht und Erneuerung über Jerusalem bringen wird: „Deine Toten werden leben,“ lesen wir Jesaja 29, „deine Leichname werden auferstehen. Zu der Zeit werden die Tauben die Worte des Buches hören, und die Augen der Blinden werden aus Dunkelheit und Finsternis sehen; und die Elenden werden wieder Freude am Herrn haben, und die Ärmsten unter den Menschen, sie werden fröhlich sein durch den Heiligen Israels.“ (Jes. 29, 18f.)

Es sind Zeichen des Reiches Gottes, Zeichen der neuen Welt, die die Menschen an Jesus sehen. „Es sind Einzelne,“ hat Jesus den Boten von Johannes vielleicht noch gesagt. Nicht alle Blinde können wieder sehen, einige haben ich geheilt. Nicht alle Gelähmten gehen wieder, nicht alle Tauben hören wieder, aber einige hören wieder. Wenige Tote habe ich auferweckt, sie leben wieder. Aber das Ende ist es noch nicht.  Menschen werden noch krank und sterben, die Gräber bleiben geschlossen.

Arme, Menschen am unteren Rand der Gesellschaft, Ausgegrenzte hören das Evangelium. … Gott sucht sie auf. Ich zeige ihnen, wie wertvoll sie sind. Einige folgen mir nach. Noch aber sind Armut, Hass und Ichsucht nicht aus der Welt geräumt.

Meine Wunder sind Zeichen, Hinweise, aber es ist noch nicht Gottes neue Welt, wo alles nach Gottes Willen geschieht und jeder sich frei und froh Gott unterordnet. Meine Heilungen sind Wegweiser, Ankündigungen wie es sein wird in Gottes Welt, aber keine Beweise. Jesus sagt:  Wenn ihr erwartet, dass ich meine Macht in der Welt dazu einsetze, um es durchzusetzen, dass alles nach Gottes Willen läuft, dann werdet ihr enttäuscht.

Weltliche Macht und Gewalt, sie sind nicht mein Weg, sagt Jesus. Ich bin nicht auf der Sonnenseite der Welt in einem Palast geboren. In einem Stall kam ich zur Welt.  In Armut. Das war auch ein Zeihen. Ich habe Widerstand erlebt, Ohnmacht, Enttäuschung, öffentliche Angriffe und Kritik haben mich begleitet. Ich hätte meine ganze Macht einsetzen können, der Teufel wollte mich dazu verführen, aber das war nicht der Wille meines Vaters im Himmel.  Barmherzigkeit und Geduld sollte ich leben.

Die Predigt von Jesus war nicht weniger radikal als die von Johannes. Jesus aber hat Hoffnung gepredigt angesichts des Gerichtes. Jesus hat Liebe und Barmherzigkeit gepredigt. Wenn er Gericht gepredigt hat, dann den Selbstgerechten gegenüber und denen gegenüber, die die tätige Liebe nicht gelebt haben. Die scheinbar Frommen, die am Leid der Welt, an leidenden Menschen vorüber gehen.

Es gibt ein Licht in der Finsternis. Aber die Finsternis ist noch nicht besiegt.
Es gibt Zeichen seiner Liebe und seiner Macht, aber diese Welt ist noch nicht erlöst.

Für euch ist es Zeit, mir zu vertrauen und zu folgen. „Selig ist, wer an mir nicht irre wird!“ sagt Jesus. Der ist glücklich, der hat festen Grund, der ist gesegnet, der diesen Weg mit mir geht. Der Weg der Treue und den Weg der Geduld. Den Vater lieben und seinen Nächsten wie sich selbst.

Für die Welt ist es noch Zeit, Jesus vertrauen zu lernen. Für die Welt ist noch Zeit, zu Gott umzukehren. Es ist noch Gnadenzeit, darum ist es noch finster auf der Erde.

Zeichen erleben wir auch. Menschen, Momente, Situationen, in denen der Himmel offen ist. Not, aus der Gott befreit. Leid, das Gott einem nimmt. Aber es werden Zeichen bleiben. Nicht die Regel. Noch nicht Gottes neue Welt. Die wird kommen, wenn der Herr wiederkommt. Dann werden ihn alle erkennen. Dann wird alles Unrecht und Leid ausgelöscht. Dann werden alle Fragen beantwortet werden.

Amen.

 

Profitiert habe ich von der Predigt zum selben Text unter www.Leben-mit-Jesus.de (Verfasser nicht genannt) sowie Manfred Weeber (predigten.evangelisch.de) und Hans-Theodor Göbel (theologie.uzh.ch/predigten).

 

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